KIS = „Kirchliche Immobilien Strategie"
Zukunft sichern
Mit drei Jahren Verzögerung ist die Pfarrei in die Phase 2 des Projekts „KIS“ eingetreten
Mit einem Auftakttreffen der von Verwaltungsrat und Pfarrgemeinderat berufenen Arbeitsgruppe hat am 25. April 2024 die Phase II des Projektes „Kirchliche Immobilien Strategie“ in unserer Pfarrei begonnen. Unter Begleitung des Bistums soll in den nächsten Monaten erörtert werden, wie sich die Pfarrei in Zukunft hinsichtlich ihres Immobilienbestandes aufstellen will. Die Projektergebnisse werden dann am Ende Pfarrgemeinderat und Verwaltungsrat zu abschließender Beratung und Beschlussfassung übergeben. In dem Artikel soll auf die wichtigsten Fragen zu dem Projekt eingegangen werden.
Was genau ist KIS?
Die „Kirchliche Immobilien Strategie“, kurz KIS ist ein vor fast einem Jahrzehnt durch das Bistum Limburg aufgesetztes Programm zur Erfassung der im Eigentum der Pfarrei stehenden Immobilien und der Ausarbeitung eines für die Zukunft tragfähigen Gebäudekonzepts.
Unsere Pfarrei hat 2017 beschlossen, an dem Projekt teilzunehmen. Die Phase 1 (Erfassung der Gebäude vor Ort) konnte im Herbst 2020 abgeschlossen werden. Im August 2021 beschlossen die zuständigen Gremien der Pfarrei, an Phase 2 teilzunehmen. Der Start verzögerte sich dann aber durch die Pandemie, Personalengpässe und den Pfarrerwechsel in der Pfarrei.
Das Projekt KIS wird von einer Arbeitsgruppe des Bistums begleitet, aber die Zuständigkeit für Beginn, Verlauf und Ergebnisse liegen bei der Pfarrei.
Was ist der Hintergrund von KIS?
Der Hintergrund von KIS ist der allgemeine Schrumpfungsprozess der Mitgliederzahlen. Zählte das Bistum im Jahr 1980 etwa 950.000 Katholiken, so waren es 2010 noch 655.000 und 2022 dann noch 539.000. Im Jahr 2019 erschien eine Modellberechnung, wonach bis zum Jahr 2060 die Zahl der Christen in Deutschland um weitere 50% zurückgehen werde. Mittlerweile wird davon ausgegangen, dass diese Zahl noch (zu) optimistisch ist.
Egal wie man es aber dreht und wendet, die Zahl der Gläubigen wird definitiv stark sinken. Dies bedeutet erhebliche Einschnitte bei der Kirchensteuer, die 75% der Finanzerträge des Bistums ausmacht. Der Gebäudebestand aber ist noch weitgehend derselbe wie in den 80er Jahren. Es ist daher klar, dass in Zukunft nicht alle Gebäude unterhaltbar sind – und dass schlicht und einfach auch nicht alle Gebäude mehr in diesem Umfang gebraucht werden.
Daher hat das Bistum das Projekt KIS aufgesetzt, mit dessen Hilfe die Pfarreien ihre Immobilien erfassen und auf Zukunftsfähigkeit untersuchen können. Damit soll letztendlich auch die Leistungsfähigkeit der Pfarreien mit Hinblick auf das „Kerngeschäft“, also Verkündigung und Seelsorge erhalten werden.
Warum KIS in unserer Pfarrei durchführen?
Die kurze Antwort ist: Weil Probleme nicht verschwinden, in dem man sie ignoriert. Die lange Antwort ist: Wir haben 19 Gebäude in der Pfarrei, für 17 haben wir die Baulast. Von den Finanzzuweisungen, die wir aus Kirchensteuermitteln vom Bistum erhalten, fließt das weitaus meiste Geld in den Unterhalt der Gebäude: Heizung, Strom, Wasser, öffentliche Abgaben, Bauunterhalt etc. Wenn die Einnahmen in Zukunft geringer werden, stellt sich die simple Frage, wie Heizöllieferungen und notwendige Sanierungsarbeiten an den Immobilien weiter bezahlt werden können.
Das ist nicht zuletzt auch deswegen eine Frage, weil Geld, das in Immobilien fließt, die wir womöglich nicht oder kaum nutzen, nicht mehr für die Seelsorge zu Verfügung steht. Zugespitzt: Unterhalten wir ein Familienzentrum, machen wir einen Messdienerausflug oder tauschen wir für 10.000€ eine Heizung in einem Gemeindezentrum aus, das wir kaum nutzen? Es bringt uns nichts, wenn wir am Ende topgepflegte Liegenschaften besitzen, aber niemanden haben, der sie auch nutzt.
Wie läuft KIS Phase 2 in der Pfarrei ab?
Das Gute bei all dem ist, dass wir als Pfarrei diesen Prozess noch selbst gestalten können. Wir können sehen, was für uns wichtig ist, was wir für die Zukunft sichern wollen und was wir tun können, um diese Zukunft auch Wirklichkeit werden zu lassen. Es bleibt nicht alles, wie es ist, aber wir können gemeinsam einen Weg suchen, der für uns so gut ist, wie es die Umstände erlauben.
Für KIS wurde von PGR und Verwaltungsrat eine AG nominiert, die zusammen mit den Begleitern aus dem Bistum ein Konzept entwickelt. Diese AG besteht aus Mitgliedern des Pastoralteams inkl. dem Pfarrer, des Verwaltungsteams, Vertreter der Gremien (PGR und Verwaltungsrat) und der Kirchorte sowie auch einiger Personen, die durch ihre berufliche Expertise Ratgeber sein können.
Die AG entscheidet nichts, das tun PGR und Verwaltungsrat, die auch abschließend über das Konzept beraten. Auch eine Einbindung der Ortsausschüsse ist möglich, wenn das Konzept von der AG verabschiedet wurde.
Die AG geht dabei nach folgenden Kriterien vor: Sind die Gebäude
- Pastoral notwendig
- Wirtschaftlich sinnvoll
- Personell leistbar und
- Ökologisch verantwortbar?
Danach erfolgt eine Klassifizierung, ähnlich wie bei „Sparen und Erneuern“ Anfang dieses Jahrhunderts. Letzteres ist in vielerlei Hinsicht ein Vorgängerprojekt von KIS.
Was anschließend passiert, ist im Prinzip schon nicht mehr Teil von KIS Phase 2, sondern einer nachfolgenden Phase. Verkauf oder Abgabe einer Immobilie ist dabei die äußerste Konsequenz. Bevor es dazu kommt, besteht die Möglichkeit, beispielsweise über Kooperationen mit der ev. Kirche oder der Kommune zu einem tragfähigen Finanzierungskonzept etwa für ein Gemeindezentrum zu kommen. Auch eine aktivere Anbietung der Räumlichkeiten für Drittmieter kann eine Chance darstellen. Auch bei den Kirchen sind Kooperationen möglich, wenn auch schwerer umsetzbar. Allerdings gibt es in unserer Pfarrei ohnehin schon ein Beispiel für eine Kirche bzw., die im Wesentlichen von einem Förderverein getragen wird. Die Pfarrkirche wie auch die nicht in Kirchenbesitz befindliche Abteikirche sind darüber hinaus von allen Überlegungen ausgenommen und genießen Bestandsschutz.
Wie man daraus ersehen kann, gibt es also eine Fülle von Möglichkeiten und Handlungsoptionen, die in den nächsten Monaten angegangen werden und uns sicherlich über die eigentliche Dauer der Phase II beschäftigen werden, denn diese ist im Prinzip nur auf 6-8 Monate ausgelegt. Man könnte auch sagen, dass die eigentliche Arbeit erst danach beginnt.
Haben Sie weitere Fragen?
Jeder Verantwortliche weiß, dass gerade Prozesse, in denen es um Kirchen und Gemeindehäuser geht, mit vielen Emotionen und Sorgen verbunden sind. Falls Sie grundsätzliche Fragen zum Projekt haben, zögern Sie daher nicht, mit Pfarrer oder Pfarrbüro Kontakt aufzunehmen.
Benedikt Wach, Pfarrer